Kennt ihr auch den Heilsglauben an Zentralisierung? Zentralisierte Strukturen und Prozesse laufen effizienter, man muss sich nicht so viel abstimmen, man kann Skalen- und Synergieeffekte heben usw. Häufig wenn Funktionen in Unternehmen zentralisiert werden, herrscht eine fast mythische Überzeugung, dass danach alles besser wird. Die Wahrheit sieht in vielen Fällen anders aus: Erstmal fühlt sich alles gut an, denn nun ist ja alles transparent und kontrollierbar. Aber nicht selten verlieren die zentralisierten Funktionen den Kontakt mit der Basis, führen ein Eigenleben und arbeiten am Bedarf vorbei und primär für das Management. Die Skaleneffekte stellen sich nicht ein und die Synergieeffekte verkehren sich ins Gegenteil, wenn lokale Funktionen wieder aufgebaut werden und nun neben den zentralen Funktionen existieren.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Nicht alle Zentralisierungen sind schlecht und unwirksam. Wenn sie aber als Allheilmittel für anders gelagerte Probleme dienen sind sie nicht nur nutzlos, sondern schädlich.
Denn Zentralisierungen haben zwar den Vorteil, dass sie bisher teilweise verborgene Funktionen visibel und kontrollierbar für die Geschäftsführung machen. Allerdings rauben sie auch den lokalen Einheiten, die eigene Initiative und verhindern damit einen Wettstreit der besten Lösungen. Dieser Wettbewerb funktioniert allerdings auch nicht, wenn die besten Ideen nur lokal bleiben.
Der Fehler bei einer Zentralisierung ist häufig, dass sie im Gegensatz zu lokalen Aktivitäten gesehen wird. Die erfolgreichsten Organisationen haben Mittel gefunden, um zentrale und lokale Funktionen miteinander zu vernetzen und zu verbinden. Die erfolgreiche Zentralisierung ist häufig diejenige, die Wissen und Entscheidungen von größerer Tragweite zentral sichtbar und steuerbar macht und Handlungsrahmen vorgibt, während sie gleichzeitig lokalen Funktionen die Luft zum atmen lässt. Und die nicht durch Zwang, sondern von der allgemeinen Überzeugung getragen wird, dass sie einen Mehrwert stiftet. Ob die Organisationsform dann durch Matrixstrukturen, agilen Strukturen, Netzwerken usw. bestimmt wird ist schon eher Geschmackssache. Wichtig ist, dass ein lebendiges Wechselspiel zwischen zentral und lokal existiert, dass den Unternehmenszielen dient.
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