
Neulich habe ich einen Beratungsauftrag in einer Bereichsleiterrunde durchgeführt. Das Thema: Die Mitarbeitenden machten nur noch Dienst nach Vorschrift. Es gab kein Engagement und keine Verantwortungsübernahme über den klar umgrenzten Aufgabenbereich hinaus.
Noch während ich dabei war, den Auftrag in seiner Gänze zu verstehen, flogen bereits die ersten Lösungsansätze durch den Raum:
„Die Mitarbeitenden müssen agiler werden!“„Wir benötigen Trainings zum Thema Verantwortungsübernahme!“
Mir begegnet es immer wieder, dass Lösungen besprochen und sogar beschlossen werden, bevor das eigentliche Problem wirklich verstanden wurde. Ich denke, das hängt stark mit unserer Sozialisierung als Führungskräfte zusammen. Sätze wie „Es gibt keine Probleme, nur Herausforderungen“ oder „Ich will keine Probleme, ich will Lösungen“ sind tief in unserem Denken verankert.
So markig diese Aussagen klingen – sie fördern leider die falsche Herangehensweise. Das Ergebnis: Man stürzt sich in operative Hektik und setzt vorschnell auf die erstbesten Lösungen. Diese vermitteln zwar das beruhigende Gefühl, die Situation unter Kontrolle zu haben, lösen aber selten das eigentliche Problem. Oft bleiben sie an der Oberfläche.
Deshalb plädiere ich gerade am Anfang für eine bewusste Analyse des Problems und seiner Ursachen. Dafür gibt es verschiedene Methoden – eine besonders einfache, aber wirkungsvolle ist die „5-Why“-Methode. Man stellt fünfmal hintereinander die Frage „Warum?“, um von der ersten Problembeschreibung zur eigentlichen Ursache vorzudringen. Erstaunlich oft führen diese tieferen Einsichten zu deutlich wirksameren Lösungen.
Genau das geschah auch bei dem eingangs beschriebenen Beratungsauftrag. Durch die systematische Analyse zeigte sich ein ganz anderes Bild: In der Vergangenheit waren Mitarbeitenden Fehler drakonisch angelastet worden. Die Folge? Sie hielten sich buchstabengetreu an ihre Vorschriften – nicht aus Bequemlichkeit, sondern aus Angst, etwas falsch zu machen. Das eigentliche Problem lag also in der fehlenden Fehlerkultur und in einem Mangel an Vertrauen und psychologischer Sicherheit.
Als das klar war, konnten wir ganz andere, viel wirksamere Lösungen entwickeln – statt einfach ein weiteres Training durch die Organisation zu jagen.
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