Bei einem meiner letzten Aufträge habe ich eine Prozess- und Organisationsanalyse für ein großes Konzernunternehmen im Kundenservicebereich durchgeführt. Dabei sollten Verbesserungen und Optimierungen bei Prozessabläufen identifiziert werden. Die Ergebnisse des Bereiches hatten sich deutlich verschlechtert und die Frage der Geschäftsführung war folgerichtig was zu tun sei. Zu diesem Zwecke schaute ich mir die Prozessdokumentationen und Ergebnisreports an, vor allem aber führte ich zahlreiche Interviews mit Akteuren auf den verschiedensten Hierarchiestufen durch. Dadurch konnten zahlreiche Optimierungsmöglichkeiten identifiziert und auch in Richtung Geschäftsführung adressiert werden, die den Ball dankbar aufnahm. Das Resultat in dem Fall ist aber in diesem Beitrag gar nicht mein Thema. Vielmehr möchte ich etwas anderes betonen was mir in diesem Auftrag (wie auch in anderen Fällen) aufgefallen ist: Das Wissen, was zu verbessern wäre war größtenteils schon in der Organisation vorhanden.
Vor allem in den unteren und mittleren Hierarchien gab es sehr klares Verständnis was helfen würde, um die Ergebnisse zu verbessern. Meine Beratungsleistung war in dieser Hinsicht weniger, neues Wissen hinzuzufügen, sondern eher das vorhandene Wissen zu konsolidieren, zu strukturieren und vor allem den Entscheidern ins Bewusstsein zu bringen. Vor allem letzteres war entscheidend: Es war nicht so, dass sich keiner getraut hätte, der Geschäftsführung zu sagen, was man alles besser machen sollten. In diesem Unternehmen herrschte tatsächlich eine offene und kollegiale Atmosphäre – was nicht selbstverständlich ist. Aber selbst in diesem Unternehmen schafften es die entscheidenden Botschaften nicht, durchzudringen.
Woran lag es? Neben vielen Nebenkriegsschauplätzen wie Bürokratie und langen Entscheidungswegen vor allem an einem: Dem endlosen Klein-Klein in denen Führungskräfte heutzutage gefangen sind und die dazu führen, dass sie sich mit täglichen Ärgernissen herumschlagen und deren Zeit fressen. Auf der Eisenhowermatrix alle verortet auf „Dringend – aber nicht wichtig“. Das führt in diesem und anderen Unternehmen dazu, dass Führungskräfte und Entscheider immer getriebener und gehetzter durch den Alltag rennen und immer weniger Zeit für die wirklich entscheidenden Themen haben. Kurz gesagt: Ein steigendes Belastungsniveau steht einer sinkenden Effektivität der Führungsleistung gegenüber. Und das ist ein Problem von Struktur, Haltung und Handwerkszeug. Um das Problem also an der Wurzel zu packen ist ein kritischer Blick auf die Organisationsstruktur notwendig, ein Hinterfragen der Führungshaltung (u.a. zum Thema Delegation) und ein Trainieren von Führungsmethoden. Die Organisationen die bereit sind an diesen drei Hebeln zu arbeiten sind auch erfolgreich darin das Wissen und die Kompetenzen in der Organisation zu heben und die Führungsleistung effektiver gestalten.
Wie ist Eure Meinung hierzu? Macht ihr ähnliche oder andere Beobachtungen im täglichen Führungsalltag?
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